Timeline

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17. November 1858
Budapest um 1890 (gemeinfrei)

Emilie Goldberger wird laut ihres Theresienstädter Totenscheins in Buda (ehem. Ofen) in Ungarn geboren. Eine andere Quelle gibt Göding/Hodonín (bei Brünn/Brno) an. Ihre Eltern waren Heinrich Goldberger und Chaje Goldberger geb. Haft

1871

Emilie Goldberger erscheint erstmals in der Wiener Zeitung als Klavier-Schülerin der 2. Klasse der Wiener Musikschule von Prof. Eduard Pirkher

1873
Prof. Anton Door (gemeinfrei)

Im Alter von erst 14 1/2 Jahren wird sie ins Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien in die Klasse von Prof. Anton Door aufgenommen

Februar 1873
Erste Konzertmeldung aus dem Kleinen Musikvereinssaal im Neuen Fremden-Blatt mit besonderem Lob für die 14Jährige, die das gesamte Wohltemperierte Clavier von Johann Sebastian Bach auswendig beherrscht
8. Juli 1874
Am Ende ihres ersten Studienjahres erhielt Emilie Goldberger den ersten Preis für ihre außergewöhnlichen Leistungen – einstimmig. Zur Jury gehörte Joseph Hellmesberger
13. Februar 1875

Das Neue Fremden-Blatt knüpft der nun 16Jährigen "ein besonderes Ehrenkränzlein" in einer Konzertbesprechung für die Interpretation eines Impromptu von Ignaz Brüll, des Märchens von Julius Epstein und einer Invention von Franz oder Vinzenz Lachner im Kleinen Musikvereinssaal. Auch die Presse berichtet in den höchsten Tönen über ihr Spiel und prophezeit ihr eine glänzende Zukunft als Konzertpianistin

23. Juni 1875
Am Ende ihres zweiten Studienjahres erhielt Emilie Goldberger den ersten Preis für ihre außergewöhnlichen Leistungen – wiederum einstimmig. Im Examenskonzert spielt sie Robert Fuchs' Improvisationen
6. April 1876

Emilie Goldberger leistet laut Wiener Salonblatt bei einem Konzert des Konservatoriums im Kleinen Musikvereinssaal mit Beethovens Klavierkonzert Nr. 5 unter Leitung von Joseph Hellmesberger "ganz Anerkennenswertes"

Mai 1876
Die Professoren Anton Door und Friedrich Adolf Wolf organisierten ein Benefizkonzert für die "begabte, aber mittellose Emilie Goldberger. Sie spielte auch selbst mit und bestätigte mit ihren vielversprechenden Talenten persönlich die gute Meinung ihres Meisters"
26. Juni 1876

Emilie Goldberger erhielt zum Abschluss des dritten und letzten Studienjahres für ihre
außerordentlichen Leistungen wiederum einen 1. Preis – ebenfalls einstimmig, in der Jury unter anderen Joseph Hellmesberger. Im
Prüfungskonzert im Großen Musikvereinssaal bei gedrängt vollem Hause spielte sie den 1. Satz aus Mozarts Klavierkonzert Nr. 24 c-Moll KV 491

September 1876

Emilie Goldberger ist unter den 37 Schülerinnen und Schülern, die ihr Abschluss-Diplom des Konservatoriums erhalten. Außerdem wird sie neben Sophie Dudos, Helene von Karolyi, Karoline Reisser, Olga Sirk und Stephan Tomka mit der silbernen Gesellschaftsmedaille ausgezeichnet. Anton Rubinstein stellt ihr "ein glänzendes Zeugniß aus"

23. November 1876

Im Kleinen Musikvereinssaal bestreitet Emilie Goldberger laut Illustrirtes Wiener Extrablatt ihr erstes eigenes Konzert und berechtigt zu großen Erwartungen. Sie spielt darin Frédéric Chopin, Robert Schumann, Franz Schubert, Heinrich von Herzogenbergs Phantastische Tänze Nr. 4, Präludium und Fuge a-Moll (BWV 543) in der Bearbeitung von Franz Liszt und die Sonate op. 110 von Ludwig van Beethoven, die zu ihrem Paradestück werden wird. Ihr außergewöhnliches Gedächtnis wird von der Presse gelobt. Es wirken mit die Sängerin Thekla Friedberger und Wilhelm Speyer

 

19. Dezember 1876

Emilie Goldberger wirkt mit denselben Klavierstücken im gut besuchten Abschiedskonzert für die Sängerin Thekla Friedberger im kleinen Musikvereinssaal mit, die ein Engagement in London erhalten hat

6. März 1877

Emilie Goldberger gibt ein nicht näher beschriebenes Konzert im legendären Bösendorfer-Saal im
Palais Lichtenstein in der Herrengasse. Wieder wird ihr ungewöhnliches Gedächtnis in der Presse gelobt. Es war noch nicht selbstverständlich, dass auswendig gespielt wurde. Dieses Gemälde zeigt den Saal, nicht aber Emilie Goldberger

23. Juni 1877

Emilie Goldberger begibt sich in die Sommerfrische nach Baden bei Wien, wo sie nicht nur Konzerte, sondern auch Klavierunterricht geben wird. Ihr erstes Konzert findet bei enormer Hitze der Hundstage am 23. Juni im Hotel Stadt Wien statt, "zusammen mit Frl. Irma von Cselko, einer bekannten Gesangsmeisterin. Emilie Goldberger entzückte durch ausgezeichnete Technik und errang durchschlagenden Erfolg mit Felix Mendelssohn Bartholdys 1. Klavierkonzert op. 25, begleitet von Robert Götz auf einem zweiten Flügel"

12. August 1877
Emilie Goldberger gab ein zweites Konzert im großen Saal der Badischen Mineralschwimmschule unter Mitwirkung der bekannten Geigerin Bertha Haft mit Beethovens Sonate in Es-Dur, einer Bourrée von Johann Sebastian Bach, dem Impromptu in c-Moll von Franz Schubert, einer Nocturne von Frédéric Chopin (arr. August Wilhelmj), die Tarantelle von Henri Vieuxtemps, ein Capriccio von Johann Peter Gotthard, eine Berceuse von Chopin (arr. Michael William Balfe), eine Polonaise von Ferdinand Laub und die 12. Ungarische Rhapsodie von Franz Liszt. Der bestellte Bösendorfer-Flügel war nicht vorhanden. Emilie Goldberger musste sich "mit einem sehr bescheidenen Instrument begnügen, das im letzten Moment beschafft wurde"
6. Oktober 1876

Im Saal des Hotels Goldener Hirsch in Baden gab Emilie Goldberger ein weiteres Konzert mit der "rühmlichst bekannten Violin-Virtuosin" Bertha Haft mit "Tonwerken von Bach, Schubert, Chopin, Wieniawski, Schumann, Laub und Liszt". Ob die beiden Frauen auch selbst erholsamem Badevergnügen nachkommen konnten?

22. Januar 1878

Emilie Goldberger trat erneut im Bösendorfer-Saal des Palais Lichtenstein auf, dieses Mal unter Mitwirkung der heute unbekannten Sängerin Frl. Rachel Büchler mit Ludwig van Beethovens op. 110, der Chromatischen Fantasie von Johann Sebastian Bach, ungenannten Stücken von Adolph Henselt, Ignaz Brüll, Stephen Heller, Frédéric Chopin und mehreren genannten Liedern von Robert Franz und Johannes Brahms

September 1878

Emilie Goldberger reiste nach Frankfurt am Main und wurde für ein Semester lang eine von 12 Schülerinnen der pianistischen Legende Clara Schumann in der ersten Klavierklasse des frisch gegründeten Dr. Hoch's Konservatorium

9. Januar 1879

Emilie Goldberger gab an diesem Tag ein Konzert im kleinen Saalbau in Frankfurt/Main zusammen mit einem Konzertmeister namens Herrmann. Sie bleibt bis Ostern 1879 Clara Schumanns Schülerin

28. Januar 1880
Emilie Goldberger ging nach Paris! Dort spielte sie am 28. Januar im berühmten Salle Érard des weltberühmten Klavierbauers ein Konzert mit "beaucoup de talent" mit Werken von Beethoven, Bach, Scarlatti, Weber, Schubert, Chopin, Rubinstein, Saint-Saëns und Ketten zusammen mit dem königlichen Hofpianisten der Niederlande Louis Coenen, dem Cellisten Anton Hekking, der Sängerin Erminia Frezzolini (Bild) und "Smit Del[]ugne, Selbach et Mlle de Varhalmy", mit denen sie "reichen Beifall" für ihre "solide qualités de mécanisme et de style" erhielt In Paris wurde sie auch von Walter Ibach, dem berühmten Klavierproduzenten, gehört, der seinem Bruder vorschlug, Emilie Goldberger als professionelle Pianistin einzustellen. Ein handgeschriebenes Bewerbungsschreiben von Emilie Goldberger an die Firma Ibach mit ihrer schönen Handschrift und Unterschrift ist erhalten geblieben
8. Februar 1881
Emilie Goldberger reiste offenbar auf der Rückreise über Frankfurt am Main, denn sie nutzte die Gelegenheit, im kleinen Saal des Saalbaus zusammen mit dem Konzertmeister Willy Heß und Valentin Müller in Beethovens e-Moll-Trio und mit der Sängerin Frl. Epstein ein gut besuchtes Konzert zu geben. Emilie Goldberger trat wieder mit einem Saltarello von Stephen Heller, einer Gavotte von Raff, einer Mazurka von Saint-Saëns mit "respektabler künstlerischer Reife" auf
5. März 1881

Emilie Goldberger befand sich an diesem Tag in München im Ballsaal der Central-Säle, wo sie ein Benefizkonzert zugunsten des Asyls für Obdachlose gab unter Mitwirkung der k. b. Hofschauspielerin Philomene Hartl-Mitius, der Opernsängerin Emilie Lang-Rongé und der Pianistin Lily Scherzer, dem berühmten k. b. Hofschauspieler Ferdinand Lang, dem Cello- Virtuosen Heinrich Bast und dem Streichorchester Neithardt mit Klavierbegleitung von Prof. Adolf Schimon

3. April 1881

Emilie Goldberger gab ein weiteres Konzert im Saal des Münchner Stadtmuseums, das wiederum nur schwach besucht war. Ein Zeitungskritiker übte Kritik – per Hörensagen. Gespielt wurde das c-Moll-Trio von Beethoven, als Klavier-Solostücke Präludium und Fuge von Bach, ein Saltarello von Stephen Heller, das Notturno in A von John Field, eine Gavotte von Joachim Raff und – ebenfalls als Paradestück – wieder die 12. Ungarische Rhapsodie von Franz Liszt. Ein Frl. von Sicherer gab diverse Lieder; Hofcellist Carl Ebners Spiel "befriedigte". Emilie Goldberger leistete "Gutes aber nichts Hervorragendes, sodass dieser Kritiker das Konzert spurlos vorübergehen ließ"

4. Mai 1881

Die "muthige Ungarin" Emilie Goldberger spielt auch in Augsburg im Saal der Börse am Rathausplatz, wo sie von Mitgliedern des Stadttheaters – den Herren Deppe, Hungar und Slunicko – unterstützt wird. Da sie bereits zuvor in der Augsburger Musikschule auftrat, rühmt der Kritiker der Augsburger Abendzeitung ihre "glänzende Technik und seelenvollen Ausdruck, Licht, Schatten und Feuer, Feinheit, Ruhe und Sicherheit bei ausgesprochenem Talent mit seltener Kunst"

Mutig deswegen, weil es in Augsburg äußerst gewagt war, ein zweites Konzert zu veranstalten, wenn das erste nicht wirklich erfolgreich war

1881

Zeitungen schreiben, dass Emilie Goldberger auch in Würzburg aufgetreten sei. Für diese Stadt konnte ich bislang noch keinen Nachweis finden. Über einen längeren Zeitraum fehlen Konzert- und Aufenthaltsanzeigen; es könnte aber in diese Zeit gefallen sein

März 1882
Im Frühjahr dieses Jahres war sie wieder in München und gab dort auch Klavierunterricht "nach einer Methode, die sie in Paris mit großem Erfolg angewendet hat": in ihrer Wohnung in der Neuhauser Straße 17/2 in der heutigen Fußgängerzone zwischen Stachus und Marienplatz, direkt gegenüber der Michaelskirche
18. März 1882
Wieder ein Konzert im Saal des Münchner Stadtmuseums! Auch dieses Mal berichtete der Kritiker der Zeitung nur vom Hörensagen und glaubte, selbst nichts verpasst zu haben. Beethovens op. 110 sei für Emilie Goldberger "zu gewagt" und habe zu wenig "männliche Energie und hoch entwickelte musikalische Intelligenz", aber Liszts schwierige Ungarische Rhapsodie hält er für eine "höchst lobenswerte Leistung". Großer Beifall von einem kleinen Publikum
Anfang Oktober 1882
Emilie Goldberger kehrte nach vierjährigem Aufenthalt im Ausland wieder nach Wien zurück
21. November 1882
Quartettsoireen von Jakob Moritz Grün, Egon Hilbert, Rudolf Zöllner und Reinhold Hummer im Großen Musikvereinssaal u. a. mit Ludwig van Beethovens B-Dur-Trio, auf dem sich "Fräulein Emilie Goldberger mit unterschiedlichem Erfolg am Flügel versuchte"
Februar 1883
Emilie Goldberger hatte die Spitze der Wiener Konzertpianistinnen erreicht und wurde in einem Aufsatz von Eduard Hanslick in der Neuen Freien Presse neben Flora Groß, Toni Wolff, Marie Baumayer, Pauline Berthenson, Lotte von Eisl, Katharina Ranuchewitsch, Wilma Goldstein, Pauline Paßler , Fanny Bloomfield, Frieda Zwierzina, Adele Mandlick, Emilie Heßler, Pauline Dürnberger und Marie Jaëll erwähnt. In demselben Artikel plädierte Hanslick auch für die Beschäftigung von Geigerinnen in regulären Orchestern
Anfang Mai 1883

Emilie Goldberger zog um nach Göding (heute Hodonín, 50 km südlich von Brünn/Brno) und wirkte Mitte Mai "aus Gefälligkeit" in einem Konzert mit. Auf dem Programm eine Nocturne in Fis-Dur, ein Impromptu in As-Dur, ein Valse in e-Moll und eine Ungarische Fantasie von Franz Liszt "mit einer Meisterschaft, welche das Publicum, besonders den musikalisch gebildeteren Theil desselben, entzückte und zu den lebhaftesten Kundgebungen des Beifalls hinriß"

29. Mai 1883

An diesem Tag spielte sie im großen Saal des Hotel Kopper im vierten Casino-Abend "mit gewohnter Liebenswürdigkeit" zusammen mit der kaiserlich-russischen Hof- und Kammersängerin Wilhelmina Iwanowna Raab, der Emilie Goldberger "würdig zur Seite stand" mit brillanter Technik und gutem Vortrag mit dem 1. Satz aus Beethovens Klavierkonzert Nr. 5, Liszts Ungarischer Rhapsodie unter weiterer Mitwirkung von Frl. Kastner, Herrn Dr. Sax, Jur. Mayer und Herrn F. Ratschitzky

27. April 1884
Emilie Goldberger begleitete an diesem Tag Stars ihrer Zeit: den Cellovirtuosen Josef Diem und die Herzoglich Coburger Kammersängerin Frl. W. Schwartzkopff vor einem "äußerst distinguierten Publikum in ungewohnter Zahl mit reichem Beifall", u. a. mit Frédéric Chopins Polonaise für Klavier und Cello, mit Carl Piuttis Fantasie über I Puritani, Robert Schumanns Träumerei , der Jubelarie aus Charles Gounods Faust und anderen Liedern, solistisch mit Franz Schuberts Andante und Variationen, Felix Mendelssohn Bartholdys Saltarello und mit Franz Liszts Ungarischer Rhapsodie als Zugabe
1. November 1884

An diesem Tag war Emilie Goldberger im Brünner Redoutensaal mit Beethovens Kreutzersonate zu Gast, begleitet vom Konzertmeister des Brünner Stadttheaters – Carl Koretz – an der Violine. Sie spielte auch Franz Schuberts Andante mit Variationen, Felix Mendelssohn Bartholdys Saltarello und mehrere ungenannte Chopin-Werke, allesamt "mit Verve vorgetragen" als "fähige Pianistin, die solide Musikstücke unter lebhaftem Beifall exzellent ausführt". Weiter ging es mit Frau Cardis, Frau Hausner, Herrn von Lenor und Herrn von Lichtenberg. Der Tagesbote aus Mähren und Schlesien zitierte die Augsburger Abendzeitung über Emilie Goldbergers künstlerische Fähigkeiten

16. November 1884

Im Konzert des Gödinger Männergesangvereins unterstützt Emilie Goldberger mit einer Gavotte von Johann Sebastian Bach, der Serenade von Moritz Moszkowski, einem Impromptu von Frédéric Chopin und zuletzt mit ihrem Favoriten, der Ungarischen Rhapsodie von Franz Liszt. Zu diesem Konzert wird auch der Komponist Ferdinand Debois aus Brünn erwartet

1885–1887

Wo war Emilie Goldberger in dieser Zeit? Für diese Jahre konnte ich noch keine Anhaltspunkte finden. Allerdings stirbt ihre Mutter Anna Anfang Juli 1887. Eine Todesanzeige informiert, dass sie 63 Jahre alt und auf dem Wiener Zentralfriedhof in der israelitischen Abteilung beigesetzt wurde. In der Anzeige erscheinen Emilie Goldberger als Tochter und Heinrich Goldberger als Gatte. In Emilie Goldbergers Theresienstädter Totenschein trägt ihre Mutter den Namen Chaje

Um 1886

Um 1886 lebten die Goldbergers in Wien in der Friedrichstraße 13. Das geht aus einer Zeitungsanzeige hervor, in der sich Emilies Vater Heinrich als Sprachlehrer für Englisch und Französisch empfiehlt

3. Dezember 1887
Emilie Goldberger war wieder zurück in Wien. An diesem Tag gab sie ein weiteres Konzert im Bösendorfer-Saal im Palais Lichtenstein, an dem auch ihr ehemaliger Lehrer Prof. Anton Door und der Komponist und Sänger Mosco D'Israeli teilnahmen. Gemeinsam mit anderen Schülerinnen wie Ida Reich, Caroline von Radio, Malwine Hönig und Ella Pancera. Letzterer gelang es, "gekonnt und sicher" die Paganini-Variationen von Brahms zu spielen, die "kaum für Mädchenhände, aber schon gar nicht für einen Mädchenkopf geschrieben wurden", so ein Zeitungskritiker der Wiener Allgemeinen Zeitung
17. Januar 1888
Ein Kritiker der Neuen Freien Presse beklagte, dass es zu viele Klaviervirtuosinnen wie Emilie Goldberger gäbe, was "mit jedem Jahr unruhiger und unruhiger macht". Er schliesst mit den Worten: "Möge unsere Liste wenigstens den Vorteil haben, das eine oder andere Mädchen [!] davon abzuhalten, einen Beruf zu wählen, der so erschreckend überfüllt und daher im praktischen Leben entwertet ist"
November 1888–1890
Auch hier klafft noch eine mehrjährige Lücke im Leben von Emilie Goldberger, für die ich noch keine Konzerttätigkeit gefunden habe. Im Oktober/November 1890 soll sie ein Konzert "mit großem Erfolg in Pest" gegeben haben
19. November 1892
Sie gab wieder ein Konzert in Göding/Hodonín im Rahmen einer Benefizveranstaltung für den deutschen Kindergarten. Sie spielte bzw. begleitete ein Männerchor-Ritornell von Clara Schumann (!), eine Gavotte von Joachim Raff, den Wanderer von Franz Schubert in der Bearbeitung von Franz Liszt, den Valse in As-Dur von Frédéric Chopin und als Glanznummer die 12. Ungarische Rhapsodie von Franz Liszt. Weitere Klavierbegleiter waren B. Schindler und M. von Weinzierl
März 1893

Emilie Goldberger lebte offenbar noch immer in Göding/Hodonín. In diesem Monat konzertierte sie mit der Sängerin Frl. Helene von Morini, die zusammen "für ihre wahrhaft künstlerischen Leistungen rauschenden Beifall ernteten und nach jeder Nummer wiederholt gerufen wurden"

Juli/August 1895
Emilie Goldberger fuhr in den Sommerferien nach Gmunden am schönen Traunsee im Salzkammergut und wohnte im Hotel Goldener Hirschen. Ohne Namen wird im Mitteilungsblatt eine Anzeige einer "hervorragenden Pianistin" veröffentlicht, "die sich vier Wochen in Gmunden aufhält" und für 2 Gulden pro Stunde ein paar Klavierstunden geben würde
11. August 1896

In diesem Jahr ist sie in Baden bei Wien erlebbar, wiederum im Hotel Stadt Wien, wo sie zusammen mit dem Kapellmeister der Badener Kurkapelle, dem Violinvirtuosen Julius von Theodorowicz, auftritt. In dieser Konzertanzeige wird auch erstmals erwähnt, dass sie auch in Triest konzertiert habe: "Glänzende Kritiken und gute Einnahmen waren die Trabanten ihrer Reise"

8. September 1896
Emilie Goldberger zog es wieder in die weite Welt hinaus. In einer Zeitungsannonce wünschte sie sich, "für ein festes Engagement an der Tournee eines berühmten Geigers oder Sängers teilzunehmen". Zum ersten Mal taucht eine Wohnadresse in Göding/Hodonín auf: Sie wohnte dort in der Bahnstraße 18, heute Národni trída 18/2311
Oktober 1896
In diesem Monat nahm Emilie Goldberger an einem Konzert der Gödinger Frauen-Ortsgruppe des Deutschen Schulvereins teil, zusammen mit der Konzertsängerin Fräulein Helene von Morini und Fräulein Anna von Suppè an der Violine – Enkelin des bekannten Komponisten Franz von Suppè. Emilie Goldberger spielte das h-Moll-Scherzo von Frédéric Chopin "mit edler künstlerischer Auffassung und erhielt auch besonderen Beifall für ihre Darbietung eines Konzertes von Mendelssohn=Bartholdy und für ihre gefühlvolle Wiedergabe von Schubert=Liszts Gretchen am Spinnrade"
1897–1899

Auch hier klafft noch eine Lücke über mehrere Jahre im Leben Emilie Goldbergers, für die ich noch keine Konzerttätigkeit gefunden habe

August 1899
Emilie Goldberger ist für den Sommer zurück in Gmunden am Traunsee, wo sie im Hotel Goldener Hirschen als Pianistin aus Göding auftritt
12. Dezember 1901
Emilie Goldberger konzertierte wieder im Konzertsaal des modernen Palais Ehrbar im 4. Bezirk, Mühlgasse 28, unter Mitwirkung von Vilma Gormasz und Julius Desing, einem Mitglied der Wiener Hofoper. An den folgenden Klavierabenden dieser Konzertreihe spielten außerdem das Rosé-Quartett im Großen Musikvereinssaal, die Harfenistin Edith Martin im Kleinen Musikvereinssaal und Marie Fillunger – Geliebte einer der Töchter Clara Schumanns – im Bösendorfer-Saal
1902–1904

Auch hier klafft eine biografische Lücke. Emilie Goldberger spendet 1902 für den Bau eines Denkmals für Kaiserin Elisabeth (Volksgarten) 2 Kronen. 1903 spendet sie für arme Juden in Kischenau/Chișinău 3 Kronen

21. Januar 1904

Emilie Goldberger "gibt ihren diesjährigen Klavierabend" wieder im Konzertsaal des Palais Ehrbar in Wien "unter gefälliger Mitwirkung der Frau Olga Dubsky (Gesang)". Das Neue Wiener Tagblatt zeigt sich angetan von "einer vortrefflichen Technik und schönem Anschlag und dem tiefen musikalischen Empfinden, das in getragenen Piècen zu besonderer Wirkung kam"

Olga Dubsky wurde am 15. Oktober 1941 aus Wien nach Litzmannstadt/Łódź deportiert und wahrscheinlich ermordet

Juli 1904

In diesem Jahr hält sich Emilie Goldberger als Kurgast in Baden bei Wien auf und wohnt als "Klaviervirtuosin und Lehrerin aus Wien" in der Wassergasse 16

August 1904

Im August wohnt sie in Gmunden am Traunsee bei Brabec in der Traungasse 3

23. Februar 1905

Emilie Goldberger gastierte an diesem Tag "mit sehr interessanten Nummern" in Brünn. Von Johannes Brahms' Ungarischen Tänzen waren die selten gespielten zu hören. Auch die Mitwirkung von Alfred Finger (1855–1936) und Louis Savart (1871–1923) stieß "auf reges Interesse"

August 1905

Emilie Goldberger reiste zur Sommerfrische wieder nach Gmunden am Traunsee und wohnte bei Freidlinger in der Salzamtsgasse 1 im zweiten Stock. Hier bot sie wieder Klavierstunden an

September/Oktober 1905
Ende Oktober freute sich die Neue Freie Presse, dass Emilie Goldberger "aus Frankfurt am Main zurückgekehrt ist, wo sie mit großem Erfolg konzertiert hat" und ihre Lehrtätigkeit in Wien wieder aufnimmt
15. März 1906

Emilie Goldberger trat an diesem Tag wieder im Konzertsaal des Palais Ehrbar auf unter der Mitwirkung der Konzertsängerin Hedwig Löwenthal

Auch Hedwig Löwenthal wurde – nach Holland geflüchtet – um 1941 wohl in Riga ermordet

14. Juli 1906

In diesem Sommer findet sich Emilie Goldberger wieder in der Gmundener Kurliste im Hotel Goldener Hirschen

19. Juli 1906

Sie zog weiter nach Bad Ischl, wo sie bei Gassner in der Schulgasse 5 unterkam

Oktober 1906

Wieder freut sich die Neue Freie Presse, dass Emilie Goldberger aus der Sommerfrische nach Wien zurückgekehrt ist und ihren
Klavierunterricht wieder aufgenommen hat

27. Juli 1907
Emilie Goldberger findet sich wieder in der Kurliste von Gmunden und wohnt diesmal am Marktplatz 14
16. März 1909

Emilie Goldberger spielte in Wien im Festsaal des Österreichischen Gewerbevereins die Sonaten für Klavier und Violine in F-Dur von Joseph Haydn und G-Dur von Anton Rubinstein "sowie ein ungedrucktes Stück von Liszt Schlaflos". Das Originalmanuskript oder eine Abschrift davon war möglicherweise im Besitz von Emilie Goldberger. Dieses Spätwerk von Franz Liszt führte Emilie Goldberger 1909 wahrscheinlich als allererste auf.

1909–1911
Hier gibt es noch eine biographische Lücke. Möglicherweise war Emilie Goldberger im Sommer 1911 wieder auf Urlaub, denn diesmal freute sich das Neue Wiener Tagblatt im September 1911, dass die Konzertpianistin und Klavierlehrerin wieder unterrichten würde
20. September 1911

Die Neue Freie Presse weiß zudem, dass Emilie Goldberger im 3. Bezirk in der Kegelgasse 2 wohnt

1912–1916

Keine einzige Konzertanzeige wurde bislang für diese Jahre ersichtlich. Wie erlebte sie den 1. Weltkrieg? Im September 1914 spendet sie 10 Kronen, was die Wiener Allgemeine Zeitung im 16. Spendenausweis des Kriegsfürsorgeamts des k. u. k. Kriegsministeriums besonders erwähnt

Juli/August 1916
Irgendwann in dieser Zeit nahm Emilie Goldberger – inzwischen 46 Jahre alt – "mit großem Erfolg an einem Wohltätigkeitsfest des Katholischen Frauenbundes in Traunstein in Bayern teil. Unter den sehr prominenten Zuhörern waren auch Kardinal [Franziskus] von Bettinger aus München und die Prinzessinnen Clara und [Maria del] Pilar [von Bayern] erschienen"
1916–1927

Der Krieg ist zwar aus, aber Emilie Goldberger scheint für diese Jahre wie vom Erdboden verschluckt. Wie hat sie das Kriegsende erlebt und wie die große Wirtschaftskrise 1923? Wer konnte sich da noch Klavierstunden leisten? Und wie nahm sie den aufkommenden Nationalsozialismus wahr?

September 1927

Emilie Goldberger ist dieses Jahr etwas spät in die Sommerfrische gekommen. Sie wohnte in Bad Ischl in der Salzburger Straße 9 mit ständigem Wohnsitz in Wien

3. Oktober 1930

In der Neuen Freien Presse erscheint eine Anzeige, in der Emilie Goldberger ihren Klavierunterricht fortsetzt. Wahrscheinlich war sie den Sommer oder Spätsommer über wieder in der Sommerfrische in Bad Ischl oder in Gmunden oder ganz woanders. Nun lebt sie in Purkersdorf in der Wiener Straße 45. Heute befindet sich in der schmucken gelben Villa mit viel weißem Stuck ein buddhistisches Institut. In ihrem Theresienstädter Totenschein findet sich Purkersdorf als Heimatsgemeinde

1942

Emilie Goldbergers letzte Wiener Wohnadresse ist die Seegasse 9 im Alsergrund. Dort befand sich damals ein jüdisches Altenheim und bis heute ein jüdischer Friedhof Wiens, der seit 1984 wieder zugänglich ist

20. August 1942
Emilie Goldberger kommt auf eine mit diesem Tagesdatum versehene Liste als Nummer 908, darin ihre letzte Wohnadresse und ihr Geburtsdatum verzeichnet. Sie muss zudem den Zwangsnamen "Sara" tragen
28. August 1942

An diesem Tag wurde Emilie Goldberger – nun 83 Jahre alt – mit dem Transport Nr. 37 (IV/8-908) vom Wiener Aspangbahnhof ins Ghetto Theresienstadt geschickt. Zwischen dem 15. Februar 1941 und dem 9. Oktober 1942 verließen 45 Züge diesen Bahnhof in Richtung Ghettos und Vernichtungslager, 13 davon nach Theresienstadt

20. September 1942

Emilie Goldberger stirbt morgens um 7 Uhr 15 in Theresienstadt in Gebäude E a III in Zimmer 310. Dort befindet sich das Krankenhaus des Ghettos. Sie stirbt laut Totenschein offiziell an "Marasmus" (schwere Mangelerscheinungen, körperlicher Verfall durch Krankheit oder Alter), "Enteritis" (Darmentzündung), "Darmkatarrh" und "Altersschwäche". Wahrscheinlich wurde ihr Körper verbrannt. Ihr Sterbezimmer ist laut Plan des Ghettos Theresienstadt erhalten

Totenschein

Der leichenbeschauende Arzt Dr. Curt Schwenk wurde am 15. Dezember 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Emilie Goldbergers behandelnder Arzt Dr. Kurt Weiner wurde 1944 ebendort ermordet

5. April 1943

Im Nazi-Organ Völkischer Beobachter finden sich in dieser Zeit täglich beinahe endlose Listen zu Enteignungen: "Amtliches. Einziehungserkenntnis. Das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen sowie alle Rechte und Ansprüche der nachfolgend angeführten Personen werden gemäß § 1 der Verordnung über die Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens im Lande Österreich vom 18.11.1938, RGBl. 1, S. 1620, zugunsten des Deutschen Reiches (Reichsfinanzverwaltung) eingezogen. Mit der Einziehung erlöschen alle Rechte und Ansprüche der bisherigen Eigentümer und gehen auf das Deutsche Reich über. Für die Verwaltung und Verwertung dieser Vermögenswerte ist der Oberfinanzpräsident Wien-Niederdonau, Wien, I., Hanuschgasse 3, zuständig"

In der anschließenden langen Liste findet sich auch Emilie Goldberger. Mit diesem Akt der Beschlagnahmung des im jüdischen Altenheim Seegasse 9 verbliebenen Eigentums und restlichem Vermögen von Emilie Goldberger wird ihr Leben vollends zerstreut. Was ist mit ihren Sachen geschehen?

Zu Emilie Goldberger sind noch viele Fragen offen. War sie in ihren letzten Tagen in Wien noch einigermaßen agil und hatte sie dort noch schöne und liebevolle Stunden? Konnte sie bis ins hohe Alter Klavierspielen? Dass ihr Körper überhaupt so lange noch bis Theresienstadt durchgehalten hat… Ob sich die Menschen in Emilie Goldbergers Waggon noch gegenseitig Mut machen konnten oder im Schock erstarrt waren?

Als Emilie Goldberger im Ghetto Theresienstadt verstarb, waren gerade die Verbrennungsöfen neu in Betrieb genommen worden. Noch war Zeit, die Asche einzelner Verstorbener in Urnen zu tun. Es besteht eine kleine Wahrscheinlichkeit, dass Emilie Goldberger eine Urne erhalten hat, die noch vorhanden sein könnte. In diesem Fall kann wohl nur mit vielen, vielen scheinbaren “Kleinigkeiten” gearbeitet werden. Aber nur mit der Beachtung solcher “Kleinigkeiten” kann ein Bild einigermaßen wieder ganz werden oder sich zumindest so gut wie eben möglich daran annähern.

Vertiefende Forschung ist also un-be-dingt noch zu leisten.


Bildangaben:
Screenshot Konzertanzeige 23. November 1876 © Susanne Wosnitzka | Dr. Hoch’s Konservatorium Frankfurt a. M., Jahresbericht Jg. 1878/9 (1879) Screenshot © Susanne Wosnitzka | Central-Säle CC BY-SA 3.0 © Rufus46 wikimedia.commons | Screenshot Todesanzeige Anna Goldberger © Susanne Wosnitzka | Collage Fotografien Anna von Suppè © Andreas Weigel www.starsingars.wordpress.com | Festsaal Niederösterreichischer Gewerbeverein © CC BY 4.0 Bernhard Krabina | Screenshot Deportationsliste und Haus Purkersdorf © Susanne Wosnitzka | Totenschein Theresienstadt © www.holocaust.cz | Plan Ghetto Theresienstadt © www.ghettotheresienstadt.de | Screenshot Völkischer Beobacher © Susanne Wosnitzka | alle weiteren Bilder gemeinfrei